10 Glühbirnen in farbigen Fassungen leuchten schwach vor schwarzem Hintergrund

Neues aus meinem Blog.

Graue Worthülsen – Kommunikation lebendig gestalten

Alltagsbegriffe (in grau) und Bedürfnisse dahinter (bunt) dargestellt

Wie kann man Kommunikation menschlicher gestalten?

Begriffe, die komplexe Sachverhalte zusammenfassen, vereinfachen unsere Kommunikation. Man spart dadurch Zeit. Gleichzeitig besteht die Gefahr, dass daraus eine Versachlichung und Generalisierung resultiert und der Mensch als lebendiges Wesen, als Ding mit festen Eigenschaften beschrieben wird. Mit der Frage wie es anders gehen kann, beschäftigt sich der folgende Blogartikel.

Das „Grauen” der Alltagsbegriffe

Begriffe wie Arbeit, Rente, Urlaub, Alternativlosigkeit oder Flüchtling, lassen mich erschaudern. Ich habe den Eindruck, dass sie die Lebendigkeit und Menschlichkeit ersticken. Sie sind bestens geeignet zu generalisieren und zu vereinfachen. Zudem erschweren diese Begriffe die Verständigung, da sie an einer unpersönlichen Oberfläche festhalten und die konkrete Bedeutung oft unklar bleibt. Die fortwährende, unhinterfragte Benutzung diese Begriffe verändert, wie alle Sprache, unsere Wahrnehmung von Geschehnissen und unsere Haltung gegenüber der Welt. Mit den entsprechenden Bildern „aufgeladen”, dienen sie auch als Transportmittel für gezielte Meinungsbildung aller Art. Dieses Phänomen dürfte wohl jedem bekannt sein, vor allem, wenn man sich die extremen Auswirkungen der „Amtssprache" im Dritten Reich vor Augen hält.

Weniger bekannt daran dürfte sein, dass selbst diese Begriffe immer dem Zweck dienen, universelle menschliche Bedürfnisse auszudrücken − auch wenn diese Möglichkeit dann schwerer in Erwägung gezogen werden kann. Hinter allem was Menschen denken, sagen und tun stecken letztlich universelle Bedürfnisse. Das betont insbesondere der Mediator und Begründer der Gewaltfreien Kommunikation Mashall B. Rosenberg.

Hierzu einige Beispiele: Hinter Schlagwörtern wie „Zielorientierung" könnte zum Beispiel die sehr lebendige Absicht stecken, seine Zeit gut nutzen zu wollen, indem man sich auf ein Ziel konzentriert und konsequent Schritte dahin plant und ausführt. Mit dem Begriff „Arbeit" können ganz verschiedene Bedürfnisse verbunden werden wie: Sicherheit, Unabhängigkeit, Gemeinschaft, Entwicklung, Kreativität, Spiel, Forschergeist. Hinter dem Begriff „Zielvereinbarungsgrespräch" könnten die folgenden Bedürfnisse stehen: Kontakt, Austausch, Entwicklung, gehört werden, Anerkennung, Förderung, Harmonie, Aufrichtigkeit. Die Verwendung des Begriffs „Flüchtling" könnte durch Bedürfnisse begründet sein wie: Einfachheit, Mitgefühl, Schutz, Sicherheit oder Entlastung.

Mehr Farbe und Frische für Gespräche

Wie kann man aber nun durch diese Erkenntnis mehr Farbe und Lebendigkeit ins Leben bringen? Ich würde vorschlagen, man vermeidet diese „grauen" Begriffe und sagt lieber klar um welches Bedürfnis es jetzt im Moment geht. Dadurch wird Kommunikation wieder menschlicher und verbindender. Motivation kann leichter entstehen, da es mehr Freude macht, für einen Menschen etwas zu tun, der offenlegt was in ihm vorgeht und was er sich wünscht (z.B. Kontakt, Austausch, Miteinander, ...) als für jemanden, der die „graue" Begriffe oder „Worthülsen” (z.B. Zielvereinbarung) benutzt.

Einige Vorschläge wie man „lebendiger” formulieren könnte (Dies sind keinen Rezepte, nur Anregungen):

„Ich bin Elektroingenieur” vs. „Ich bin von Beruf Elektroingenieur"
„Alex ist arbeitslos” vs. „Alex hat ihre Stelle gekündigt und sucht gerade eine Neuanstellung"
„Flüchtlinge” vs. „Geflüchtete" oder „Menschen die sich eine Verbesserung Ihrer Lebensumstände erhoffen, indem sie ihre Heimat verlassen.”
„Alternativlosigkeit” vs. „Wir haben beschlossen diese Alternative zu wählen.”
„Teamwork” vs. „Ich möchte gegenseitige Unterstützung, Eigenverantwortung und Freude in der Zusammenarbeit erleben."

Sicherlich haben diese „Worthülsen” auch einen sinnvollen Zweck, denn sie sind ein schneller Weg, um komplexe Sachverhalte zu beschreiben. In dieser Vereinfachung liegt aber auch ihre große Gefahr. Ich versuche „Worthülsen” zu vermeiden wo es geht. Die Zeit, um auszusprechen worum es einem persönlich gerade wirklich geht, ist gut investierte Zeit, da man so in die Beziehung zwischen Menschen investiert.

Wer mehr darüber erfahren möchte, dem empfehle ich sich z.B. mit der Gewaltfreien Kommunikation nach Marshall B. Rosenberg zu beschäftigen. Im Internet finden sich sehr viele Videos dazu unter dem Suchbegriff „Gewaltfreie Kommunikation" oder „Marshall Rosenberg".

Sich Wertschätzung als Option zu vergegenwärtigen, kann schon viel verändern

Wertschätzungs-Quelle Nr. 1 ist durch die eigene Vorstellungskraft und unabhängig von anderen Personen zugänglich. Erinnern Sie sich, dass es Wertschätzung als erfahrbare Lebensqualität gibt und wie es sich angefühlt hat, wenn Sie diese Qualität privat oder im Beruf schon erleben durften. Vielleicht haben Sie zu ihrer Entstehung beigetragen oder eine andere Person? Wie ging das vor sich? Vielleicht fallen Ihnen auch Situationen ein, in denen Sie einen Mangel diesbezüglich erlebt haben und Ihnen jetzt vor diesem Hintergrund die Fähigkeit wertschätzend mit sich und anderen umzugehen noch wertvoller erscheint. Angenommen, Sie würden sich erlauben in dieser Gestimmtheit den nächsten Arbeitstag anzugehen, welche Auswirkungen hätte das wohl auf Sie und ihre Kolleginnen und Kollegen?

Wertschätzungs-Quelle Nr. 2 besteht darin, Dank in der Zusammenarbeit so auszudrücken, dass die andere Person konkret etwas über die positive Wirkung ihrer Beiträge erfährt. Etwa so: „Ich danke dir Jochen, dass du mir die Datenauswertung so aufbereitet hast, dass ich mich jetzt für die Präsentation morgen gut vorbereitet fühle. Das hilft mir sehr. Danke nochmal!“. Außerdem geben Sie gleichzeitig Orientierung über das was für Sie voraussichtlich auch in Zukunft hilfreich sein wird.

Wertschätzungs-Quelle Nr. 3 lautet: Suchen Sie nach wertschätzenden Deutungsmöglichkeiten, wenn Sie Verhaltensweisen von Kolleginnen und Kollegen oder Vorgesetzten als irritierend empfinden. Stellen Sie sich die Frage „In welchem inneren oder äußeren Kontext, würde dieses Verhalten Sinn ergeben?“ Diese wertschätzende Annahme erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass Sie den menschlichen Kontakt halten und nach Verständigung in der Sache streben können, ohne die Arbeitsbeziehung durch Urteile und abwertende Zuschreibungen zusätzlich zu belasten.

Wertschätzung-Quelle Nr. 4 möchte daran erinnern, dass es einen großen Unterschied macht, ob man in Gesprächen betont, was man nicht möchte und was falsch oder schlecht der Position anderer sei oder anstelle zu würdigen, was einem an der Sichtweise gefällt und was zusätzlich berücksichtigt werden müsste, damit eine Lösung auch für Sie zustimmungsfähig ist. Versetzen Sie sich und andere immer wieder achtungsvoll und würdigend in die Rolle von kompetenten Expertinnen und Experten für die Problemlösung. Aus solch einer Haltung heraus können Sie dann positiv zielorientiert für sich sprechen z. B. „Für mich wäre noch wichtig …. / Ich brauche dafür ...“ oder Sie formulieren Fragen an Beteiligte, die gerade sagen was sie nicht möchten in der Form „Was wünschen Sie sich anstelle?“ oder „Angenommen wir finden einen Weg, wie würde sich das aus Ihrer Sicht bemerkbar machen?“

Wertschätzung speist sich aus einer nie versiegenden Quelle

In der modernen Arbeitswelt von heute, die immer mehr durch Beschleunigung, Komplexität, Unsicherheit und verteiltes Arbeiten gekennzeichnet ist, können die Bemühungen um Wertschätzung in einer Kultur der gegenseitigen Wahrnehmung und Anerkennung wichtige Beiträge sein, um die Gesundheit und Leistungsfähigkeit aller Beteiligten zu sichern.

Denken Sie daran: Wertschätzung ist immer als Qualität und Intention zugänglich und kann bereits zu neuen Handlungsoptionen führen, wenn Sie sich nur daran erinnern bzw. darauf Ihre Aufmerksamkeit richten.

Weiterführend empfehle ich zur Etablierung und stetiger Nachjustierung einer wertschätzenden Zusammenarbeitskultur den Taschenguide des HAUFE-Verlags "Wertschätzung im Job"

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